Schreiben an die lokale Politik

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Sehr geehrte Damen und Herren,

wir möchten Sie gerne auf den aktuellen Stand zu den Entwicklungen rund um die Eifelquerbahn bringen. Aktuell gibt es mindestens 2 Unternehmen, die ihr Interesse an einer Übernahme der Strecke bekundet haben. Die Verhandlungen hierzu dauern bedingt durch die Sommerferien noch an.

Aus diesem Grunde ist es uns bisher auch noch nicht möglich, mit den Arbeiten an der Strecke zu beginnen. Daher haben wir die Zeit genutzt und uns intensiv mit der Aufarbeitung der Geschehnisse rund um die Reaktivierungsbemühungen zur Eifelquerbahn der letzten 10 Jahre auseinander gesetzt. Insbesondere die Gutachten, die maßgeblich zum aktuellen Sachstand geführt haben, waren dabei ein wichtiges Thema. Außer den immer wieder in der Presse genannten Kosten in Höhe von 24 Mio. Euro bzw. 40 Mio. Euro, waren zu den Gutachten bisher keine weiteren Informationen zu bekommen.

Also galt es in einem ersten Schritt, die nötigen Gutachten und Untersuchungen einzuholen. Die erste Hürde, die es zu nehmen galt, war in Erfahrung zu bringen, wer welche Untersuchung bzw. welches Gutachten beauftragt hatte. Insgesamt gab es über
das Gehrmann-Gutachten von 1998 hinaus folgende Untersuchungen:

  • Nutzen-Kosten-Untersuchung zur Reaktivierung der Eifelquerbahn von BPV Consult aus dem Jahr 2009 – Beauftragt durch den Zweckverband Schienenpersonen-Nahverkehr Rheinland-Pfalz Nord
  • Entwurfsplanung zur Reaktivierung der Eifelquerbahn vom Planungsbüro BPB aus dem Jahr 2012 – Beauftragt durch den Zweckverband Schienenpersonen-Nahverkehr Rheinland-Pfalz Nord
  • Aktualisierte Nutzen-Kosten-Untersuchung aus dem Jahr 2012 auf Basis der durch BPB ermittelten Kosten – Beauftragt durch den Zweckverband Schienenpersonen-Nahverkehr Rheinland-Pfalz Nord
  • Gutachten zur Reaktivierung der Eifelquerbahn für touristische Verkehre von StadtLandBahn aus dem Jahr 2014 – Beauftragt durch das Verkehrsministerium Rheinland-Pfalz

Das Ergebnis dieser Untersuchung war, dass die Reaktivierung der Gesamtstrecke Kaisersesch – Gerolstein mit veranschlagten Kosten von ca. 20 Mio. Euro (netto) einen volkswirtschaftlichen Nutzen aufweise.

Auf Basis dieses positiven Ergebnisses beschloss die Versammlung des Zweckverbandes SPNV-Nord die Reaktivierung der Eifelquerbahn im Rahmen des Rheinland-Pfalz-Takts 2015. Im nächsten Schritt folgte die Beauftragung der Vorentwurfsplanung und Entwurfsplanung (HOAI Phase 3 und 4), welche an das Büro BPB aus Koblenz vergeben wurde. Im Rahmen dieser Planungen zeichnete sich im Jahr 2011 bereits eine deutliche Kostensteigerung des Vorhabens zur Reaktivierung ab. Hierüber wurde auch der Kreistag des Landkreises Vulkaneifel in einer Präsentation zum aktuellen Stand der Planungen zeitnah informiert.

Schlussendlich kamen die Planer von BPB zu dem Ergebnis, dass eine Reaktivierung der Eifelquerbahn nicht 20 Mio. Euro (netto), wie noch durch BPV ermittelt, sondern stattdessen 40 Mio. Euro (netto) kosten solle. Selbstverständlich können sich im Rahmen einer genaueren Untersuchung neue Erkenntnisse ergeben, die auch zu einer Kostensteigerung führen können. Allerdings sind durch weitere Unterlagen Fakten zu Tage getreten, die ganz klar aufzeigen, dass diese Entwurfsplanung nicht den Anforderungen des Zweckverbandes SPNV-Nord als Auftraggeber entsprach.

  • Auf Basis der Entwurfsplanung von BPB wurde das Büro BPV beauftragt, seine Nutzen-Kosten-Untersuchung zu aktualisieren. In dieser 13-seitigen Ausfertigung verweisen die Gutachter von BPV insgesamt 3 Mal darauf hin, dass die Zahlen von BPB ungeprüft zu übernehmen seien.
  • Die Entwurfsplanung von BPB sah eine komplette Erneuerung des Unter- und Oberbaus der gesamten Strecke vor, welche alleine schon zu Mehrkosten in Höhe von ca. 10 Mio. Euro zzgl. Planungskosten führte. Hier belegt das Gutachten von StadtLandBahn aus dem Jahr 2014, dass man von Seiten BPB deutlich zu hohe Anforderungen gestellt hat und damit weit über den Anforderungen des Auftraggebers lag.
  • Vom Land, bzw. dem Landesverkehrsministerium wurde verlangt, dass alle Bahnübergänge technisch zu sicheren seien. Dies bedeutete, das auch Feld und Waldwege mit deutlich unter 100 Fahrzeugbewegungen am Tag mit Halbschranken und Lichtzeichenanlage zu sichern seien. Eine Forderung, die im reaktivierten Abschnitt Mayen – Kaisersesch hingegen nicht gestellt wurde und für die es auch keine rechtlichen Vorgaben gibt. Diese Maßnahme führte zu einer weiteren Kostensteigerung von mehr als 4 Mio. Euro zzgl. Planungskosten.
  • Von Seiten des Zweckverbandes SPNV-Nord wurde die Entwurfsplanung von BPB, mit Zustimmung des Landes, aufgrund der mangelhaften Ausführung in vielen Gewerken nicht abgenommen.

Dies bedeutet, dass die ablehnende Haltung des Landes und der Kommunen zur Reaktivierung der Eifelquerbahn auf einem in vielen Punkten mangelhaft ausgeführten Gutachten basiert, welches nicht den Vorgaben des damaligen Auftraggebers entspricht.

Auf Grund dieser Tatsachen wird sich auch der Zweckverband SPNV-Nord, entgegen der Aussage in der Beschlussvorlage zum Radweg, weiterhin für eine Reaktivierung der Eifelquerbahn ausgesprochen haben.

Die Kosten des Gutachtens, welche entsprechend Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) abgerechnet wurden, beliefen sich, entsprechend der ermittelten Projektkosten, auf mehr als 1,3 Mio. Euro.

Da man auch von Seiten der Landkreise und Verbandsgemeinden weiterhin an einer Reaktivierung der Eifelquerbahn interessiert war, wurde durch das Land das Büro StadtLandBahn mit der Ausarbeitung eines Gutachtens zur Reaktivierung der Eifelquerbahn für touristische Verkehre und gelegentlichen Güterverkehr beauftragt.

Im Gutachten von StadtLandBahn fällt als erstes auf, dass hier, wie beschrieben, eine Vielzahl von falschen Annahmen des BPB-Gutachtens kritisiert werden.

Die Gutachter von StadtLandBahn gingen für eine Reaktivierung der Eifelquerbahn für touristische Verkehre von Kosten in Höhe von 24 Mio. Euro (brutto) aus. Die von den Gutachtern ermittelten Maßnahmen sind zunächst nicht grundsätzlich zu kritisieren, aber es muss doch die Frage gestellt werden, ob wirklich alle dort aufgeführten Maßnahmen für einen reinen touristischen Verkehr benötigt werden. Die Details des Gutachtens sehen wie folgt aus:

  • Ziel des Gutachtens war es, alle möglichen Kosten, die im Rahmen eines 10 bzw. 15 jährigen Betriebs der Strecke aufkommen können, zu berücksichtigen. So sollte sichergestellt werden, dass für die Betriebszeit keine weiteren größeren Unterhaltsmaßnahmen zu realisieren und finanzieren sind
  • In den veranschlagten 24 Mio. Euro sind knapp 6 Mio. Euro an Risiko- und Bedarfspositionen enthalten; dies bedeutet, dass hier Maßnahmen aufgeführt wurden, die nicht zwingend zum Betrieb der Strecke nötig wären und bei denen nicht sicher ist, ob diese überhaupt zum Tragen kommen
  • Eine weitere Bedarfsposition ist die Kyllbrücke bei Pelm, welche mit weiteren 6 Mio. Euro in den Gesamtkosten von 24 Mio. Euro enthalten ist. Zur Brücke selbst und dem durch das Land in Auftrag gegebene Gutachten aus dem Jahr 2014 haben wir nachfolgend noch einige Anmerkungen

Die genannten 24 Mio. Euro zeichnen hier also das „Worst-Case-Szenario“. Sie berücksichtigen nicht die positiven Effekte, die eine ehrenamtliche Unterstützung durch die Mitglieder des Eifelquerbahn e.V. wie z.B. bei den mit insgesamt gut 1 Mio. Euro veranschlagten Vegetationsarbeiten auf und neben der Strecke ermöglichen.

Als ein großes Hindernis zur Reaktivierung der gesamten Eifelquerbahn wird die Kyllbrücke in Pelm dargestellt. Hier kamen die durch das Land beauftragten Gutachter des TÜV im Jahre 2014 zu dem Schluss, dass die Standfestigkeit der Brücke nicht mehr sichergestellt sei. Aber auch hier gibt es deutliche Zweifel am Ergebnis des Gutachtens:

  • Im Jahr 2009 erfolgte durch den TÜV eine Untersuchung der Brückenüberbauten, bei der die Gutachter den Brückenüberbauten noch eine Lebensdauer von mindestens 30 Jahren bescheinigten. Dabei wurde auch empfohlen, weitere Untersuchungen zur Sanierung der Brücke in Auftrag zu geben, um möglichst zeitnah mit der Sanierung zu beginnen und die Substanz der Brücke zu erhalten.
  • Alle Gutachter, bis ins Jahr 2012 hinein, bescheinigten der Brücke die Betriebs und Verkehrssicherheit und stellten keine Einschränkungen für einen Betrieb, selbst mit schweren Dampflokomotiven, fest.
  • Obwohl zum Zeitpunkt der Beauftragung des Brückengutachtens bereits feststand, dass die Strecke im weiteren Verlauf nur für touristische Verkehre genutzt werden solle, wurde im Gutachten gefordert, die Brücke für 60 km/h zu ertüchtigen, was aufgrund der Bauart der Brücke (Behelfsbrücke) von vornherein zu keinem positiven Ergebnis führen konnte. Die beiden Behelfsbrücken der Eifelquerbahn waren jahrzehntelang nur für eine Geschwindigkeit von 30 km/h zugelassen.

Auf Basis der Ergebnisse des StadtLandBahn Gutachtens und der Aussage der TÜV Gutachter zur Kyllbrücke erfolgte der damalige Beschluss, dass eine Reaktivierung der Eifelquerbahn für einen reinen touristischen Verkehr zu den damaligen Kosten nicht vertretbar sei. Der eigentlich geringe Unterschied zwischen einer Reaktivierung im SPNV und für touristische Verkehre führte zur Forderung, die Eifelquerbahn direkt im regulären SPNV zu reaktivieren. Diese Forderung wurde durch das Land, auf Grundlage der Zahlen des mangelhaften BPB-Gutachtens, zurückgewiesen.

Dieses negative Urteil führt uns nun wieder zu den Beschlüssen der Landkreise Vulkaneifel und Cochem-Zell, sowie der meisten Verbandsgemeinden, dass man beabsichtigt, die Eifelquerbahn nach einer möglichen Stilllegung und Entwidmung abzureißen und in einen Radweg umzuwandeln.

Ein vergleichbares Projekt existiert in der Region bereits, es handelt sich dabei um den beliebten Maare-Mosel-Radweg. Hierbei handelt es sich um einen touristisch genutzten Freizeitweg, welcher seit der Einstellung der Freizeitverkehre auf der Eifelquerbahn für Touristen nur noch per Auto im Individualverkehr zu erreichen ist.

Interessanterweise wird in den Beschlussvorlagen zum Radweg explizit darauf hingewiesen, dass es sich bei diesem, im Gegensatz zur Eifelquerbahn, nicht um eine touristische, sondern um eine Infrastrukturmaßnahme handelt. Im Duden wird Infrastruktur wie folgt beschrieben:

notwendiger wirtschaftlicher und organisatorischer Unterbau als Voraussetzung für die Versorgung und die Nutzung eines bestimmten Gebiets

Diese Definition passt allerdings eher zu einer Bahnstrecke als zu einem Radweg im ländlichen Raum. Als bestes Beispiel muss man sich hier nur den von uns erwähnten Maare-Mosel-Radweg anschauen. Der Anteil der Berufspendler wird hier, wenn überhaupt vorhanden, verschwindend gering sein.

Aber warum hat man sich dann dafür entschieden, dieses Vorhaben als Infrastrukturmaßnahme zu bezeichnen. Dies hat einen relativ einfachen und ziemlich offensichtlichen Grund. Die Kosten für einen Radweg liegen, laut einer Schätzung des Landesverkehrsministeriums, bei voraussichtlich um die 20 Mio. Euro.

Hierbei handelt es sich interessanterweise in etwa um die gleiche Summe, die für eine Reaktivierung der Eifelquerbahn für touristische Verkehre angefallen wäre und die damals als nicht vertretbar durch die Landkreise und Verbandsgemeinden abgelehnt wurde.

Der ganzen Thematik haben wir eine eigene Broschüre gewidmet; diese haben wir Ihnen diesem Schreiben beigelegt. Sie können diese auch in digitaler Form über unsere Homepage beziehen.

Aus unserer Sicht ist auf Basis der vorliegenden Fakten die Grundlage zur Entscheidung für den Radweg nicht mehr gegeben und der Beschluss in seiner jetzigen Form nicht mehr haltbar. Da aber nun schon von kommunaler Seite der Beschluss zum Kauf der Bahnstrecke und zur Gründung eines Zweckverbandes getroffen wurde und anscheinend auch die Bereitschaft besteht, eine nicht unerhebliche Summe zu investieren, schlagen wir vor, gemeinsam mit den interessierten Unternehmen unter fairen Bedingungen einen neuen Anlauf zur Reaktivierung der Eifelquerbahn zu unternehmen.

Die Vorzeichen haben sich gegenüber den letzten Jahren deutlich geändert und auch das Landesverkehrsministerium hat signalisiert, dass eine Reaktivierung nicht am Widerstand des Ministeriums scheitern würde.

Der Großraum Eifel darf nicht in weiten Teilen vom Schienenverkehr „abgehangen“ bleiben!

Stattdessen gilt es, insbesondere im Hinblick auf eine sich demografisch verändernde Gesellschaft, vorhandenes Potential zur Stärkung dieser ländlich geprägten Region zu nutzen und die Möglichkeiten zur zukunftsorientierten Vernetzung energieeffizienter Mobilitätsformen zu erweitern!

Diese 2017 durch die Landräte und Verbandsbürgermeister formulierte Forderung ist heute aktueller denn je.

Wir als Eifelquerbahn e.V. bieten unsere tatkräftige Unterstützung bei allen Bemühungen an, die das Ziel der Reaktivierung der Eifelquerbahn haben.