Überführungsfahrten erfolgreich verlaufen – Deutsche Bahn schickt rekordverdächtigen Zug über die Eifelquerbahn
Riesig war das Interesse, als sich am 15. Januar 2022 der erste Zug nach mehr als 9 Jahren von Gerolstein aus über die Eifelquerbahn in Richtung Kaisersesch auf den Weg machte. Genau 6 Monate nachdem die Eifelstrecke von Trier nach Köln durch die Hochwasserkatastrophe schwer beschädigt wurde, war die Region erstmals wieder über die Schiene zu erreichen. Innerhalb von zwei Wochen, so die Deutsche Bahn in ihrer Pressemeldung, sollten mehrere Fahrzeuge von DB Regio und Vulkan-Eifel-Bahn (VEB) über die Eifelquerbahn in die Werkstatt überführt werden.
Im Rahmen der ersten beiden Fahrten konnten durch die VEB insgesamt 5 Wagen des historischen AKE-Rheingold-Zuges über die Eifelquerbahn in die Werkstatt nach Crailsheim überführt werden. Dabei waren die beiden Züge mit einem Gesamtgewicht von jeweils knapp 150t mehr als doppelt so schwer wie eine vollbesetzte dreiteilige Schienenbusgarnitur, wie sie noch bis 2012 auf der Strecke im Freizeitverkehr unterwegs war.
Am Samstag, den 22. Januar 2022 stand dann die Überführung der ersten beiden defekten VAREO-Triebwagen von DB Regio an. Mit der Überführung beauftragte die Deutsche Bahn die Firma RailAdventure, welche hierzu bereits am Freitagnachmittag mit einem kompletten Bergungszug, bestehend aus zwei Lokomotiven und mehreren Brems- und Kuppelwagen, in Gerolstein eintraf. Um die defekten, ungebremsten Triebwagen überführen zu können, mussten dem Bergungszug mit zusätzlichen Gewichten beschwerte Bremswagen beigestellt werden, so dass der Zug insgesamt ein Rekordgewicht auf die Schienen brachte.
Am Samstagmorgen um 9:11 Uhr setzte sich der gut 350 Meter lange und ca. 750 t schwere Zug in Richtung Kaisersesch in Bewegung. Seit Jahrzehnten ist kein so langer und schwerer Zug mehr über die Eifelquerbahn gefahren; selbst die Bahnhofsgleise im Kreuzungsbahnhof Daun waren zu kurz für den gesamten Zug. Ein besonderes Augenmerk lag bei dem Transport wieder auf der Pelmer Kyllbrücke, galt diese doch mehr als 7 Jahre als nicht mehr befahrbar. Als problematisch erwies sich dabei jedoch nur der sich in 9 Jahren ohne Betrieb gebildete Rost auf den Schienenköpfen.
„Bei der ersten Fahrt war deutlich zu erkennen, dass der Zug Probleme mit der Traktion hatte, wodurch auf die Kyllbrücke noch zusätzliche Kräfte einwirkten“, so Valentin Michels, stellvertretender Vorsitzender des Eifelquerbahn-Vereins. Insgesamt 200 Höhenmeter galt es auf den ersten 14 Kilometern von Gerolstein nach Dockweiler zu überwinden. Keine leichte Aufgabe, die die Mannschaft von RailAdventure allerdings erfolgreich meisterte. Auf seinem Weg nach Kaisersesch sorgte der Zug für reichlich staunende Blicke und nicht wenige Autofahrer hielten spontan am Straßenrand an, um ein Foto von dieser außergewöhnlichen Fuhre zu machen. Auch in Daun und Ulmen nutzten zahlreiche Menschen den Zwischenstopp im Bahnhof, um sich den Zug einmal aus der Nähe anzuschauen. Gegen 16:30 Uhr wurde dann der Bahnhof Kaisersesch erreicht. Auch hier war die vorhandene Gleislänge bei weitem nicht ausreichend für den Zug, welcher in der Nacht seine Fahrt in Richtung Andernach fortsetzte, wo die defekten Triebwagen abgestellt wurden. Am Sonntagmorgen erfolgte dann bereits die Rückfahrt des Bergungszuges in Richtung Gerolstein.
Am Folgetag wurden zwei weitere ungebremste, defekte VAREO-Triebwagen von Gerolstein nach Kaisersesch abgeschleppt. Schon bei der Überfahrt der Kyllbrücke wurde deutlich, dass sich die Traktion gegenüber Samstag deutlich verbessert hatte. „Am Montag war man abschnittsweise schon mit deutlich über 10 km/h unterwegs. Noch ein paar Fahrten und die Schienenköpfe wären weitestgehend vom Rost befreit“, so Valentin Michels. Doch erst einmal soll jetzt wieder Schluss sein. Die Strecke habe man nur zum Zweck der Überführung der in Gerolstein gestrandeten Fahrzeuge freigeschnitten, so die offizielle Aussage der Deutschen Bahn.
„Im Juli letzten Jahres wurde eine Nutzung der Eifelquerbahn noch aufgrund des angeblich schlechten Streckenzustandes von Vertretern des DB Konzerns ausgeschlossen. Keine 6 Monate später lässt man dann doch besonders schwere Züge über die Strecke fahren. Mit den Bergungsfahrten hat die DB eindrucksvoll gezeigt, dass die Strecke durchaus für mehr genutzt werden kann“, so Jens Wießner, Vorsitzender des Eifelquerbahn-Vereins. Auch die Kyllbrücke hat ihre Standfestigkeit eindrucksvoll unter Beweis gestellt.
Dass die Inbetriebhaltung der Eifelquerbahn dringend notwendig ist, zeigt die wiederholte Verzögerung bei der Wiederinbetriebnahme des ersten Abschnitts der Eifelhauptstrecke auf rheinland-pfälzischer Seite. Nachdem man im Oktober mit den Arbeiten begonnen hatte, wollte die Bahn bereits im Dezember 2021 den Betrieb auf dem mäßig beschädigten Abschnitt von Trier nach Auw an der Kyll wieder aufnehmen. Zunächst verschob die DB den Termin der Wiedereröffnung auf Januar, um ihn jüngst ein weiteres Mal auf Februar zu verschieben.
„Natürlich kann es aufgrund der umfangreichen Zerstörungen jederzeit zu unvorhersehbaren Verzögerungen kommen. In dieser Hinsicht kann man der Deutschen Bahn keine Vorwürfe machen. Dass dann allerdings der ganze Zeitplan für die Eifelstrecke nicht mehr einzuhalten ist, lässt der Konzern unerwähnt. Wenn wir schon im ersten Abschnitt mindestens zwei Monate hinter den Planungen liegen, wird der Zeitplan in Bezug auf die deutlich stärker beschädigten Abschnitte noch stärker ins Rutschen geraten. Die von der DB geplante Instandsetzung der kompletten Eifelstrecke bis Ende 2023 erscheint daher schon jetzt gänzlich unrealistisch; weitere Verzögerungen zeichnen sich bereits jetzt deutlich ab“, so Jens Wießner.
Dies unterstreicht die Notwendigkeit, die Eifelquerbahn umgehend für den Materialtransport zum Wiederaufbau der Eifelhauptstrecke zu ertüchtigen. Hierdurch wird auch der beschleunigte Wiederaufbau der Eifelstrecke in Richtung Blankenheim ermöglicht. Parallel dazu können die touristischen Verkehre mit Anbindung an die Regionalbahn in Richtung Andernach zeitnah wieder aufgenommen werden. Die DB hat die komplette Strecke für die Überführungsfahrten überprüft und verfügt somit über eine Übersicht aller weiteren notwendigen Maßnahmen, die erforderlich sind, um die Eifelquerbahn weiter nutzen zu können. „Da die Bahn für die jüngste Nutzung bereits hohe Geldbeträge in die Strecke investiert hat, dürfte sich der Mehraufwand in Grenzen halten. Diese Aufwertungsmaßnahmen müssen nun umgehend umgesetzt werden, so dass hier dieses Jahr wieder Züge fahren können“, so Valentin Michels.
Pressemeldung Eifelquerbahn e. V. vom 26. Januar 2022