Neue Nutzerrekorde auf den Radwegen der Vulkaneifel lassen den Chef des Landesbetriebs Mobilität Gerolstein, Harald Enders, von einem der besten Radwege-Netze in Rheinland-Pfalz schwärmen. So habe er mit dem Bau des Maare-Mosel-Radweges (MMR) auf der ehemaligen Bahnstrecke von Daun nach Wittlich im Jahr 1998 einen „wahren Hype“ ausgelöst, durch den mittlerweile ein mehr als 600 Kilometer langes (Bahntrassen-)Radwege-Netz entstanden sei, welches alle Grund- und Mittelzentren miteiandern verbinde. Mit Blick auf den Tourismus betonte Enders erst jüngst, welche Bedeutung eine Bahnanbindung für ein schon länger geplantes Projekt habe.

Schaut man sich Zahlen, Planungen und die Gegebenheiten vor Ort an, so stellt man schnell fest, dass Wahrnehmung und Wirklichkeit weit auseinander liegen!

Mit 74.000 Nutzern war der älteste auch der erfolgreichste Radweg in der Region. So viele Nutzer wie noch nie waren im Jahr 2020 auf dem Maare-Mosel-Radweg, oder um genauer zu sein, auf dem Abschnitt bei Schalkenmehren unterwegs. Durchschnittlich 200 Nutzer am Tag haben den Radweg im vergangenen Jahr genutzt. Wobei die Nutzung überwiegend in der Freizeit erfolgt, wie die gut 900 Radler am Pfingstmontag zeigen. Schaut man auf die Daten zur ehemaligen Bahnstrecke, so wird schnell klar, dass diese in Punkto Nutzerzahlen und Anbindung der Region einen deutlichen Vorteil gegenüber der heutigen Erschließung aufwies. Ganz besonders wenn man das Thema „Nachhaltige Mobilität“ betrachtet, bei welchem zahlreiche Radwege der Region extrem schlecht abschneiden.

Zwar beginnt der Maare-Mosel-Radweg am Bahnhof in Daun, doch wird dieser seit mehr als acht Jahren nicht mehr mit dem Zug angefahren. Somit bleibt nur das eigene Auto zur Anreise. Ähnlich sieht es auch beim Radwegenetz rund um Prüm aus. Dieser Tatsache ist es geschuldet, dass die Ökologiebilanz dieser Wege äußerst negativ ausfällt, wie eine Studie des Infras-Instituts im Auftrag der Allianz pro Schiene zeigt.

Demnach verursachte der Straßenverkehr in Deutschland im Jahr 2017 Kosten in Höhe von 149 Mrd. Euro, welche nicht durch die jeweiligen Verursacher getragen wurden. Hierbei entfielen mehr als 141 Mrd. Euro auf den Straßenverkehr, welcher somit einen Großteil der ökonomischen Schäden im Verkehrsbereich verursachte. Dass dies auch anders geht, zeigt das Beispiel Naturpark Nordeifel, welcher großen Wert auf Nachhaltigkeit bei der An- und Abreise legt.

In Anbetracht dieser Tatsachen und unter Berücksichtigung der Aussagen des LBM-Chefs verwundert es doch sehr, dass der geplante neue Radweg zwischen Gerolstein und Prüm auf, anstatt parallel zu den Gleisen der Westeifelbahn verlaufen soll. Platz dafür ist vorhanden, denn die Strecke war früher zweigleisig und die Trasse des lange abgebauten zweiten Gleises eignet sich hervorragend für einen parallel zum vorhandenen Gleis geführten Radweg. Seit mehr als zehn Jahren versuchen LBM und Kommunen allerdings aus unerfindlichen Gründen, eine parallele Nutzung beider Verkehrsträger zwischen Gerolstein und Prüm zu verhindern. Dabei ignoriert man konsequent die aktuellen verkehrspolitischen Entwicklungen, welche auf die Schiene in der Fläche als wichtiger Teil eines nachhaltigen Mobilitätsangebots setzen.

Besonders erstaunt die Aussage des LBM, dass der Radweg auf der Trasse der Westeifelbahn zwischen Prüm und Gerolstein, dank der Bahn-Anbindung, gut 60.000 Nutzer im Jahr anziehen werde. Dabei existiert schon heute ein ausgeschilderter Radweg, welcher beide Mittelzentren miteinander verbindet und über den Bahnhof Gerolstein mit der Bahn zu erreichen ist.

Doch folgt man diesem Radweg, wird schnell klar, woher der Wunsch nach einer besseren Radverbindung zwischen Gerolstein und Prüm kommt. So führt der vorhandene Radweg in etlichen Bereichen über das bestehende Straßennetz. Ein Manko, wenn es um das Thema Sicherheit und Familienfreundlichkeit geht. Doch dies ist nur eines von vielen Beispielen, welches zeigt, dass eines der besten Radwege-Netze in Rheinland-Pfalz eher einem Flickenteppich gleicht. Hier hat man es in den vergangenen Jahren versäumt, diese Lücken zu schließen.

Besonders wenn es um die Anbindung der kleineren Orte geht, wird schnell ersichtlich, dass man von einem nachhaltigen Mobilitätsangebot weit entfernt ist, wenn weder ein attraktives ÖPNV-Angebot noch eine sichere Radverbindung in die nächstgelegenen Grund- und Mittelzentren existiert.

„Fehlende sichere und familientaugliche Radverbindungen sind die traurige Realität, wenn es um die Anbindung insbesondere der kleinen Ortschaften geht.“, so Mario Pott, Vorstandsmitglied im Landesverband Rheinland-Pfalz des VCD. „Ist man einmal im nächsten Grund- oder Mittelzentrum angekommen, so gibt es häufig keine weiterführenden Verbindungen in Richtung des nächsten Landkreises oder Oberzentrums. Egal ob Prüm, Ulmen oder Daun, einen Anschluss ans Schienennetz sucht man hier bisher vergebens.“, so Pott weiter.

Ähnlich sieht es Egbert Bialk vom BUND Rheinland-Pfalz: „Das Rad ist eine klima- und umweltgerechte Alternative zum Auto, dies aber überwiegend auf kurzen Distanzen. Gilt es größere Entfernungen zurückzulegen, braucht es eine vernünftige Verknüpfung und Erschließung mit der Bahn und diese ist in weiten Teilen der Region nicht mehr gegeben.“

Beide sind Mitglied im Bündnis für Verkehrswende nördliches Rheinland-Pfalz, einem Zusammenschluss zahlreicher Verbände, Initiativen und Einzelpersonen, welche sich gemeinsam für eine Rückkehr der Bahn in der Fläche als zentrales Verkehrsmittel einsetzen.

Dazu sagt Martin Mendel, Vorsitzender vom PRO BAHN Landesverband Rheinland-Pfalz/Saarland: „In Baden-Württemberg hat man gerade erst 40, zum Teil seit Jahrzehnten stillgelegte Bahnstrecken auf ihr Reaktivierungs-Potenzial hin untersucht. Bei gut der Hälfte ist diese Untersuchung zu einem positiven Ergebnis gekommen. Auch in Rheinland-Pfalz gilt es, wie dies gerade bei der Eifelquerbahn geschieht, die stillgelegten Strecken auf ihr Potenzial hin zu untersuchen und die Infrastruktur durch einen Trassensicherungsvertrag für eine zukünftige Nutzung zu erhalten.“.

„Wer immer nur von gestern träumt, der verliert das Morgen aus dem Blick. Denn auch in den ländlichen Regionen braucht es ein zuverlässiges und nachhaltiges Verkehrsangebot. Dies geht nur, wenn man die Verkehrsträger Bahn, Bus und Rad miteinander kombiniert und nicht gegeneinander ausspielt. Sonst ist am Ende der Zug für Mensch und Region sprichwörtlich abgefahren.“, sind sich die Mitglieder des Bündnisses für eine Verkehrswende im nördlichen Rheinland-Pfalz einig.

Pressemitteilung des Eifelquerbahn e. V. und der IG Westeifelbahn e. V. vom 06. März 2021

Das endgültige Aus der Westeifelbahn von Gerolstein nach Prüm steht unmittelbar bevor, zumindest dann, wenn der Bescheid zur Freistellung der Westeifelbahn von Gerolstein nach Prüm von Bahnbetriebszwecken Rechtskraft erlangen sollte.

Nun ruht der Verkehr auf der Strecke bereits seit vielen Jahren und auch die Eigentümerkommunen, die Stadt Gerolstein und die Verbandsgemeinde Prüm, drängen schon seit längerem darauf, die Strecke von Bahnbetriebszwecken freizustellen und durch einen Radweg zu ersetzen; was also spricht gegen die Entscheidung der Aufsichtsbehörde?

„In erster Linie die Anforderungen des Allgemeinen Eisenbahn Gesetzes (AEG), welches entsprechend hohe Hürden für eine im Volksmund ‚Entwidmung‘ genannte Freistellung von Bahnbetriebszwecken aufstellt“, so Bernd Kruse, 1. Vorsitzender der IG Westeifelbahn e. V. Konkret fordert das Gesetz die Feststellung, dass „langfristig eine Nutzung der Infrastruktur im Rahmen der Zweckbestimmung nicht mehr zu erwarten ist“.

„Die Bahn ist das Verkehrsmittel der Zukunft und spielt eine zentrale Rolle im Klimaschutzkonzept der Bundesregierung“, so Jens Wießner, 1. Vorsitzender des Eifelquerbahn e. V. „Das klare Ziel ist es die Bahn wieder zurück in die Fläche zu bringen und damit die Anbindung des ländlichen Raumes deutlich zu verbessern. Diese Pläne stehen im klaren Widerspruch zu den Anforderungen, die das AEG an eine Entwidmung stellt“, so Wießner weiter.

Häufig wird als Begründung für die Entwidmung angeführt, dass auf der Strecke seit Jahrzehnten kein Schienenpersonennahverkehr mehr angeboten wird. Dass dies kein Ausschlusskriterium ist, zeigt exemplarisch die Reaktivierung der Bentheimer Bahn, welche im letzten Jahr nach über 40 Jahren im SPNV erfolgreich reaktiviert wurde. Wie bei allen Reaktivierungsvorhaben der letzten Jahre liegen auch hier die Fahrgastzahlen weit über den von den Gutachtern prognostizierten Zahlen.

Genug Platz für einen Radweg gibt es auch noch neben den Gleisen der Westeifelbahn

Auch die Finanzierung einer möglichen Reaktivierung ist heutzutage deutlich einfacher als noch vor einigen Jahren. So fördert das Land Rheinland-Pfalz touristische Reaktivierung von Bahnstrecken mit bis zu 85 Prozent der Gesamtkosten. Eine Reaktivierung im regulären SPNV würde durch den Bund sogar mit bis zu 90 Prozent gefördert, so dass Land und Kommunen zusammen nur noch 10 Prozent der Reaktivierungskosten aufbringen müssen.

Der Erhalt der Bahnstrecke bedeutet auch keineswegs das Aus für die Radwegepläne der Kommunen. „Die Westeifelbahn wurde im Jahr 1907/08 zweigleisig ausgebaut, somit steht ausreichend Platz für die Bahn als auch den Radweg zur Verfügung“, so Bernd Kruse. Dass dieses Konzept sehr gut funktioniert, zeigt das Zusammenspiel von Bahn und Radweg am Beispiel des Kyllradweges entlang der Eifelstrecke von Trier nach Köln.

Im Übrigen gilt weiterhin der im Koalitionsvertrag der rheinland-pfälzischen Landesregierung festgeschriebene Grundsatz „Trassensicherung vor Entwidmung“, wogegen der aktuelle Freistellungsbescheid eindeutig verstößt. Und auch wenn es manchmal gerne so dargestellt wird, ein Radweg ist keine Trassensicherung.

Daher fordern beide Vereine die Rücknahme des Freistellungsbescheides und die Durchführung einer Machbarkeitsstudie für eine kombinierte Nutzung der Trasse durch Bahn und Radweg unter den aktuellen Bedingungen, denn dies wäre ein echter Mehrwert für die Region.

Pressemitteilung des Eifelquerbahn e. V. und der IG Westeifelbahn e. V. vom 10. August 2020